Steampunk – ein technikfokusierter Gedankengang
Tick tack, tick tack, tick tack… Das ist der Herzschlag der uns antreibt. Tick tack, tick tack, tick tack… Ein leises klicken im Rauschen der Zeit. Tick tack, tick tack, tick tack… Ein heller Schlag abseits des Stroms.
Nur weil wir in dieser Welt der digitalen Technik leben heißt das nicht, daß wir ihre Normen auch vollends akzeptieren. Die Industrialisierung brachte der Menschheit enormen technologischen Fortschritt und Wohlstand, aber auch Monotonie und Agonie. Diesen wollen wir entfliehen und uns der alten Schule widmen. Neben dem Strom schwimmen aber weder gegen ihn noch mit ihm.
Wir sind keine Feinde der modernen Technik jedoch nimmt für uns die technologische Revolution im Geiste einen anderen Weg als für die industrialisierte Welt. Im Gegensatz zu dieser und ihrer digitalen Technik hielt für uns die ideologie der Dampfmaschine und ihre Perfektionierung Einzug an die Spitze der technologischen Errungenschaften unserer viktorianisch geprägten Welt.
Wir leben nicht in der Edisonischen Ära, in der die Maschinen benutzt werden die Welt zu kontrollieren und als pure Werkzeuge des überlegenen Menschen angesehen werden.
Unsere Werke leben! Sie sind die konkrete und wahr gewordene Idee, der Funke, der Imaginationspartikel, der ihrem Erschaffer seit Jahren im Kopf rumgeistert, ihn nächtelang nicht schlafen läßt und ihn immer wieder in die Werkstatt treibt. Sie sind unsere Kinder und wir müssen lernen mit ihnen zu leben und sie in all ihren Facetten erfassen und akzeptieren. Unsere Werke wachsen mit uns und wir mit ihnen. Sie können immer etwas mehr, als sie eigentlich müssen, sie sind immer etwas schöner, als der reine Zweck ihnen vorgibt und sie werden in ihrer Gänze sicherlich nie vollständig von uns erfaßt werden. Unsere Werke altern! Nichts, was real ist wird ewig so bestehen, wie es erschaffen wurde. Material ermüdet und Mechanik versagt. Wir haben immer ein Auge auf das Werk und verbessern und pflegen sie, wann immer es nötig wird. Unsere Werke sterben! Denn alles was lebt stirbt irgendwann, aber alles was lebt, hinterläßt eine Spur in unserer Welt. Wir lernen aus Niederlagen und werden nicht müde, den Maschinen immer wieder neues Leben einzuhauchen.
Wir verehren die Technik in all ihren Facetten und streben danach, Großes zu erschaffen und Bestehendes zu verbessern. Dieses kreative Chaos, was den Wissenschaftler beseelt und seinen Werken den Funken gibt. Was uns empfänglich macht für den leichten Wahnsinn der nötig ist um beständig einen Kampf mit der Maschine auszutragen. Was uns den Weg zur Magie öffnet, der wir es verdanken, das unsere Maschinen leben!
Wir stehen für eine Gesellschaft in der das Werk des einzelnen eine hohe Wertschätzung erlangt hat. Wunderschöne Kunstwerke, Kleinode oder gewaltige Maschinen von Menschenhand erschaffen, etwas mit Bestand. Eine Gesellschaft in der Wert gelegt wird auf die kleinen Dinge, Gegenstände des Alltags, die wie jedes andere Werk auch so perfekt und schön wie möglich konstruiert werden um ihnen Ästhetik über den eigentlichen Nutzen hinaus zu verleihen.
Wir setzen unsere Energie nicht in Zerstören, sondern in Erschaffen. Ihr mögt uns Träumer nennen, Künstler oder Philosophen, doch wir sind Artisanen! Wir lieben das Stoffliche, das Echte, das Sichtbare. Wir ergötzen uns an sich bewegenden Zahnrädern, Kolben, Hebeln und Lichtern. Wir wollen wissen, wie es funktioniert und wie man es wieder reparieren kann. Wir vereinen Funktion und Beschaffenheit in einem einzigartigen Werk!
Wir sind der strahlende Funken in einer grauen Welt. Wir bewahren altes Wissen und leben tot gesagte Traditionen. Sei es nur ein wenig Höflichkeit.
Weder sehnen wir der goldenen Zeit nach, noch sind wir ein Schatten ihrer, denn wir holen die alte Welt in die Gegenwart und wir leben sie! Wir sind der Aufbruch nach Gestern und unser Ziel ist das Morgen!
Dezember 2009 John Copper <copper@clockworker.de>, by-nc-sa